COP 28 im Netzwerk Klimajournalismus
Hier kommt eine Sonderausgabe zur Weltklimakonferenz COP28 und ein Press Briefing zu Klima-Desinformation. Heute schreiben euch Alicia Prager und Lukas Bayer.
Liebe Leser:innen,
von 30. November bis 12. Dezember wird auf der Weltklimakonferenz COP 28 in Dubai wieder einmal über den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verhandelt – und das mitten in einem Ölstaat. Dazu können Medien nicht oft genug wiederholen: Die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas verursacht mehr als 90 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Und sie müssen sich den Narrativen der fossilen Lobby bewusst sein, die mitunter auf Klima-Desinformation setzt. Deshalb veranstalten wir dazu am 21. November um 18.30 Uhr ein Press Briefing (online) mit der Expertin Jennie King. Details findet ihr weiter unten im Newsletter oder über den Anmeldelink:
Wie eine Weltklimakonferenz abläuft, erklärt unsere Sprecherin Verena Mischitz in diesem 6-minütigen Video ⤵️
Was steht auf der COP 28 im Fokus?
1️⃣ Ausstieg aus Fossilen: Auch nach 28 Konferenzen ist es eher unwahrscheinlich, dass sich die Staaten diesmal auf den fossilen Ausstieg einigen. Hinzu kommt ein fast schon irrwitziger Interessenkonflikt: Der Vorsitzende der Konferenz ist Sultan Al Jaber, der zugleich Chef der Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) ist. Adnoc verhandelt derzeit übrigens mit der OMV über eine mögliche Fusion ihrer Chemie-Unternehmen. Zudem möchte Adnoc seine Ölgeschäfte ausweiten – trotz Klimakrise. “I wasn’t the obvious choice”, meint Al Jaber in einem lesenswerten Porträt im Guardian.
2️⃣ CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS): Im Mittelpunkt der Verhandlungen zum fossilen Ausstieg könnte heuer eine Phrase stehen: “unabated fossil fuels”, also “unverminderte fossile Brennstoffe”. Gemeint sind damit alle Emissionen fossiler Brennstoffe, die unvermindert in die Atmosphäre entweichen und nicht etwa mithilfe von CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) wieder eingefangen werden. Mit dem Zusatz “unabated” sollen also etwa Kraftwerke, die mit CCS ausgestattet sind – und damit als “abated” gelten –, weiterlaufen dürfen. Von diesen Technologien werdet ihr garantiert noch häufiger hören. Einen Überblick gibt die französische Presseagentur AFP hier, das Climate Change Centre Austria hat ein Factsheet zu CCS veröffentlicht.
3️⃣ Erneuerbare ausbauen: Für deutlich weniger Streit dürfte die Diskussion rund um den Erneuerbaren-Ausbau sorgen. Dazu liegt am Tisch, dass die Kapazität erneuerbarer Energien weltweit bis 2030 auf 11.000 Gigawatt verdreifacht werden soll. Das fordert auch die Internationale Energieagentur. Verhandler:innen und Beobachter:innen, mit denen das Netzwerk Klimajournalismus gesprochen hat, erwarten eine Einigung. Entscheidend ist aber, dass erneuerbare Energien fossile Brennstoffe ersetzen – und nicht einfach eine gesteigerte Energienachfrage decken. Auch die EU, einschließlich Österreich, setzt sich als Teil der “High Ambition Coalition” für dieses Erneuerbaren-Ziel ein, fordert aber gleichzeitig eine Zusage zum Ausstieg aus den Fossilen.
4️⃣ Loss & Damage-Fonds: Ein weiteres großes Thema wird der Loss & Damage-Fonds sein, den die Staaten im vergangenen Jahr zugesichert haben. Dabei geht es darum, jenen Staaten (vor allem im globalen Süden) Geld zuzusprechen, die überproportional von den Folgen der Klimakrise betroffen sind, jedoch vergleichsweise wenig zu ihr beigetragen haben. Im vergangenen Jahr hat das Tauziehen um den Fonds die sonstigen Themen überschattet, und auch heuer ist Unmut vorprogrammiert. Etwa lehnen die USA ab, dass der Fonds eine Art Kompensation für die von Industriestaaten verursachten Schäden bereitstellen soll. Sie wollen keinesfalls für ihre hohen Emissionen verantwortlich gemacht werden. Alle Details hat Carbon Brief hier zusammengefasst. Es gibt jedenfalls erste Anzeichen, dass der Loss & Damage-Fonds wieder eine große Rolle spielen wird: Der neue EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra, der für die EU verhandeln wird, ist beispielsweise durch EU-Hauptstädte getourt und hat Regierungen um finanzielle Zusagen zu dem Fonds gebeten, wie Politico berichtet.
Jetzt anmelden: Press Briefing zu Klima-Desinformation
Letztes Jahr wurden fossile Konzerne durch mehr als 400 Öl-Lobbyisten vertreten. Heuer soll der Akkreditierungsprozess transparenter ablaufen, wie die AP berichtet – aber Lobbynarrative dürften dennoch die Verhandlungen und die Berichterstattung über die COP 28 beeinflussen. Deshalb veranstalten wir am 21. November von 18.30 bis 19.30 Uhr (online) ein Press Briefing zur Frage: Wie entlarvt man Desinformation? Zu Gast ist Jennie King, die am Institute for Strategic Dialogue (ISD) zu Extremismus, Hass und Desinformation rund um die Klimakrise forscht. Ihr bekommt einen kurzen Überblick zur COP und Einblicke in ihre Forschung, Tipps wie ihr Desinformation erkennt und damit umgeht – und am Schluss haben wir für euch einen Raum, um euch mit anderen Journalist:innen auszutauschen, die auch nach Dubai reisen oder über die COP 28 berichten.
👉 Eine Kooperation mit dem Netzwerk Klimajournalismus Deutschland und fjum.
Ressourcen für die COP 28
🛠️ ÜBERBLICK
Eine Zusammenfassung der letzten Weltklimakonferenz findet ihr bei Carbon Brief. Wir empfehlen, dass ihr euch zwei Stunden Zeit nehmt, oder mit strg+f nach wichtigen Themen sucht, um gut informiert zu sein. Schaut euch am besten auch noch einmal das 6-minütige Erklärvideo ganz oben an.
📧 NEWSLETTER
Die UN-Jugenddelegierten aus Österreich werden auf Telegram täglich von der Konferenz berichten.
Ebenso das Climate Action Network (CAN), das über 1.000 Umwelt-NGOs vereint.
Auch das Global Strategic Communications Council (GSCC) bereitet Hintergrundinformationen in einem Newsletter auf. Journalist:innen können sich bei jill.berger@gsccnetwork.org anmelden.
🗓️ TERMINE
Am 15. November (12.00 Uhr, online) gibt IPCC-Leitautorin Friederike Otto Tipps zur Berichterstattung über die Weltklimakonferenz COP 28 in Dubai.
Am 15. November (14.30 Uhr, online) veranstaltet das Science Media Center ein Press Briefing über Unsicherheiten in der Klimaforschung und wie wir sie besser kommunizieren können. Journalist:innen können sich kurzfristig per Mail an iris.proff@sciencemediacenter.de anmelden. Zudem sind Statements von Forschenden nach Abschluss der Konferenz verfügbar, voraussichtlich 12. Dezember.
Am 21. November (16.00 – 17.00 Uhr, online) veranstaltet CLEW eine Podiumsdiskussion mit erfahrenen COP-Journalist:innen.
Von 24. bis 26. November findet im MuseumsQuartier Wien die 2. Jugend-Biodiversitätskonferenz Österreich statt. Wir finden: Medien sollten das Artensterben ebenso wie die Klimakrise als Querschnittsthema in allen Ressorts mitdenken – auch in ihrer Berichterstattung über die Weltklimakonferenz.
Wir waren übrigens letztes Wochenende auf der Climate Arena-Konferenz in Wien und haben mit vielen internationalen Klimajournalist:innen gesprochen. Dort ist ein schöner Satz gefallen:
“Nirgendwo gibt es ein Treffen so vieler verschiedener Menschen, die an unterschiedlichen Ecken gegen die Klimakrise arbeiten, wie auf der COP. Dabei entstehen Ideen, politischer Druck kann aufgebaut werden und internationale Allianzen werden geschmiedet.”
Viel Erfolg für eure COP-Berichterstattung 🌱
Alicia Prager und Lukas Bayer
PS: Wir stellen in einem Channel #cop28 auf Slack laufend Ressourcen für die Konferenz bereit. Zudem könnt ihr euch hier austauschen, unterstützen, Kolleg:innen finden, die auch darüber berichten. Jetzt beitreten.
PPS: Schaut auch auf die Nebenschauplätze der COP. Dort ist vor zwei Jahren etwa der Global Methane Pledge beschlossen worden.