MÄRZ im Netzwerk Klimajournalismus
Hier kommen die wichtigsten Termine, News aus der Branche und Klimajournalismus, der aufgefallen ist. Heute schreibt euch Lukas Bayer.
Liebes Netzwerk,
immer wenn ich denke, der Journalismus zu Klima- und Umweltthemen hat seine alten Probleme überwunden, kommen sie wieder hoch. Bei Maischberger wird in die Talkshow ein Gast eingeladen, der infrage stellt, ob wir überhaupt CO2 reduzieren müssen. Im Podcast der New York Times läuft Greenwashing eines Ölkonzerns in der Werbepause, obwohl das Medium sich das schon vor zwei Jahren verboten hatte. Ein rechtspopulistisches Medium verbreitet über die Klimakrise Inhalte, die praktisch alle falsch oder irreführend sind – und droht denen, die das ankreiden, mit einer Einschüchterungsklage. Die Klimakorrespondentin des schwedischen Radios wird gekündigt, weil das Geld fehlt. Und aus demselben Grund wird auch das Greenpeace-Magazin eingestellt.
“Klimajournalist:innen sind in der Krise die ersten, die entlassen werden, und sie sind die letzten, die wieder eingestellt werden”, sagt dazu die Medienexpertin Barbara Trionfi im Interview.
Trotzdem bin ich auch hoffnungsvoll. Es entsteht immer wieder Neues: Magazine, Kolumnen, immer mehr Stipendien für Recherchen zu ökologischen Themen, neue Stellenangebote, Leitfäden, Tools und viele Termine, die ihr nicht verpassen dürft.
Im Gespräch mit …
Barbara Trionfi, Medienexpertin und ehemalige Geschäftsführerin des International Press Institute (IPI)
“Klimajournalist:innen sind in der Krise die ersten, die entlassen werden und sie sind die letzten, die wieder eingestellt werden”, sagt Barbara Trionfi im Interview. Etwa bei den US-Sendern CNBC und NPR, oder in Österreich bei Puls4, wo die Redaktion des Nachhaltigkeitsmagazins “Klimaheldinnen” gekündigt worden ist. Freiberufliche Journalist:innen springen ein, aber für sie sei der Schutz vor beispielsweise SLAPP-Klagen viel geringer. Wer und was in solchen Fällen hilft, lest ihr im Interview.
Worüber wir reden
👍 Neues Klima-Medium in Gründung
Das Greenpeace Magazin soll im Herbst eingestellt werden – trotz 53.000 Abonennt:innen. Als Gründe werden gestiegene Kosten für Energie, Papier und Logistik, und sinkende Einnahmen genannt. Ein Großteil der Redaktion möchte aber weitermachen und gründet ein neues Umweltmagazin: das atmo Magazin. “Wir wollen den Finger in die Wunden legen, aber auch Lösungen für die großen ökologischen Krisen suchen”, sagt Mitgründerin Katja Morgenthaler. Damit wolle man zeigen, wie Zukunft aussehen könnte. Erfolgreiche Elemente wie die Rubrik “Wegweiser”, wo Pioniere der Transformation vorgestellt werden, sollen übernommen werden. Zudem will man stärker mit anderen Medien kooperieren. Bei Interesse können sich Medien an mail@atmo-magazin.de wenden. Auch Unterstützung im Bereich Social Media, Digitalisierung und Community-Management wird gerade gesucht.
Für Herbst ist eine Crowdfunding-Kampagne geplant. Man hofft auf mindestens 15.000 Abonnent:innen, damit das Magazin wie geplant alle zwei Monate ab Anfang 2025 gedruckt und digital erscheinen kann. Zurzeit besteht das Team aus acht Personen, später will man auch mit freien Journalist:innen zusammenarbeiten. Für einen Blick hinter die Kulissen könnt ihr euch bereits für den Newsletter anmelden.
👎 Report24 droht Kobuk mit Klage nach Bericht über Klima-Desinformation
Anfang Februar hatte sich der Watchblog Kobuk rund 230 Klima-Artikel der Plattform Report24 angesehen. Fazit: “Die Artikel sind praktisch alle falsch, irreführend oder fehlerhaft. Keine der Headlines stimmt.” Daraufhin hat Report24 über ihren Anwalt Manfred Arthofer Kobuk mehrfach mit einer Klage gedroht. Solche sogenannten SLAPP-Klagen sind ein beliebtes Mittel, um unliebsame Recherchen zu verhindern. Erste Anlaufstelle sind in solchen Fällen die international tätige Organisation Reporters Shield und der Rechtsdienst des Presseclub Concordia, der auch finanziell unterstützt.
👎 Greenwashing-Werbeschaltung von BP in New York Times-Podcast “The Daily”
2021 hatte die New York Times versprochen: Öl- und Gaskonzerne dürfen keine Werbung mehr in ihrem Klimanewsletter, beim Klimagipfel oder im tagesaktuellen Podcast “The Daily” schalten. Eben dort lief aber Anfang Februar eine Werbeschaltung, in der sich der Ölkonzern British Petroleum (BP) einen umweltfreundlichen Anstrich gibt, wie der Newsletter HEATED berichtet. Diese Taktik ist bekannt als “Paltering”: Wenn jemand nur einen Teil der Wahrheit sagt, um besser dazustehen. Denn BP investiert zwar mehr in grüne Technologien, diese machen aber nur einen Bruchteil des weiterhin klimaschädliche Kerngeschäfts aus. Und während BP in der Corona-Pandemie seine Gewinne verdoppelt hatte, wurden gleichzeitig die hauseigenen Klimaziele abgeschwächt. Davon ist in der Werbeschaltung nichts zu hören.
Ihr habt News aus der Klimajournalismus-Branche oder etwas für unsere Rubrik “Und sonst so”? Dann antwortet uns gerne auf diese E-Mail.
Und sonst so? – Aktuelle Events, Initiativen, Jobs und Preise
📆 TERMINE
Heute am 7. März (18.00 Uhr, online) zeigt Strategieprofessor Florian Kappmeier im Call des Netzwerk Klimajournalismus Deutschland, wie ihr Klimalösungen richtig einordnet.
Am 8. März (ab 15.30 Uhr, Wien) findet die Auftaktveranstaltung des Forschungsverbunds Umwelt und Klima statt.
Am 12. März (10.00 Uhr, Wien) veranstaltet das Climate Lab eine Pressekonferenz zu Green Jobs, Kreislaufwirtschaft und Energiewende.
Am 13. März (14.00 Uhr, online) veranstaltet das Reuters Institut das Webinar “Identifying Africa’s Untold Climate Stories”.
Am 21. März (09.00 – 17.00 Uhr) findet der APA-Campus Workshop “EU Journalismus am Beispiel des European Green Deal” von Verena Ringler statt.
Von 2. bis 4. April findet der 24. Klimatag des Klimaforschungsnetzwerk CCCA an der TU Wien statt, an dem wir auch teilnehmen werden.
Am 9. April (18.00 Uhr) hält Toralf Staud in der klimafakten-Akademie ein Webinar über den Umgang mit Desinformation in der Klimakrise.
Von 5. April bis 14. Juli findet die Klimabiennale Wien statt.
📰 ÜBER KLIMAJOURNALISMUS
Wie sollten Medien angemessen über die Klimakrise berichten und wo liegen die Grenzen zum Aktivismus? | Über.Medien.Ethik-Podcast
Wie wird die APA zukünftig KI und Klimathemen bebildern? | Luzia Strohmayer-Nacif, APA
Was bedeutet für die Journalistin Emily Atkin Objektivität in ihrer Klimaberichterstattung? | Mongabay-Podcast
Wie kann Lokaljournalismus die Klimakrise verständlicher machen? | MIT Institut
Naturdokus in Afrika werden selten von Filmschaffenden aus Afrika gemacht – wie lässt sich das ändern? | Martin Siele, Semafor
Wie und warum sollte Klimakommunikation auf konkrete Maßnahmen fokussieren? | Frank Bilstein, Gastkommentar bei klimafakten.de
🛠️ RESSOURCEN
Wie am besten über Klima-Lösungen berichten? | Solutions Journalism Network, Leitfaden
Wie wird Klimaschutz verzögert, verhindert oder abgeschwächt? | Kontext-Institut, Analyse
Was sollte man bei der Klimaberichterstattung im Superwahljahr beachten? | Covering Climate Now, wöchentlicher Newsletter
Tools zur Visualisierung von Abholzung, Waldbrandrisiko und globale Umweltveränderungen. | Mongabay, Data Studio
💰 JOBS, STIPENDIEN UND PREISE
Bis 10. März könnt ihr euch für Stipendien der Heinrich Böll Stiftung zu je 2.800 € rund um Klima-Desinformation bewerben.
Bis 15. März könnt ihr Sessions für die n-ost Klimakonferenz von 27. bis 29. August in Tbilisi, Georgien vorschlagen.
Bis 27. März könnt ihr für den Holtzbrinck-Preis für Wissenschaftsjournalismus einreichen.
Bis 29. März könnt ihr euch für eine Vollzeit-Stelle bei The Gecko Project als Investigative Editor bewerben.
Bis 31. März könnt ihr für den Preis für Wissenschaftskommunikation von AK und ÖGB einreichen, bei dem wir in der Jury vertreten sind.
Bis 12. April könnt ihr Sessions für die Climate Arena Conference von 18. bis 19. Oktober in Bologna, Italien einreichen.
Bis 25. April könnt ihr beim Journalismusfund Europa für grenzübergreifende, investigative Recherchen über Verfehlungen der fossilen Industrie in Europa für Stipendien einreichen.
Vom 06. bis 08. Mai können 20 Jungjournalist:innen über ein Programm des Europäischen Parlaments und fjum Wien eine Story zu den Europawahlen produzieren.
Laufend: Das Pulitzer Center vergibt Stipendien für Recherchen zu unseren Regenwäldern.
Laufend: Netzwerk Recherche vergibt mit der Umwelt-Förderorganisation Olin Stipendien für Rechercheprojekte (max. 5.000 €) im Bereich Umwelt/Ökologie.
Laufend: Beim Original Magazin können sich junge Menschen unter 30 für ein Mentoring-Programm bewerben und ihre Klimastory veröffentlichen.
👀 SCHON GESEHEN?
Eine neue Verfassung könnte dem Schweizer Kanton Wallis ein Grundrecht auf eine gesunde Umwelt bringen. | Marcel Hänggi, Republik
Was bedeutet das EU-Klimaziel von minus 90 % Emissionen im Jahr 2040 für uns konkret? | Zia Weise & Giovanna Coi, Politico
Wer sind die heimlichen Gewinner des EU-Emissionshandels? | Alex Tiefenbacher & Luca Mondgenast, Rotpunktverlag (Buch)
Wie Ikea den Planeten plündert. | arte-Doku
Bei Newsflix schreibt Katharina Rogenhofer vom Kontext-Institut ab sofort regelmäßig über Klimathemen. | Katharina Rogenhofer, Newsflix
🌱 AUS DEM NETZWERK
Der Museumsbund Österreich hat einen Talk von Netzwerk-Mitglied Naz Küçüktekin für die ARGE Museums for Future zusammengefasst.
Unser nächster Stammtisch findet übrigens ab sofort jeden letzten Dienstag im Monat in Wien statt. Alle Journalist:innen, Medienschaffende und Personen in journalistischer Ausbildung sind herzlich willkommen. Schreibt uns gerne, wenn ihr dabei sein möchtet.
Bis zum nächsten Mal
Lukas
Zahl des Monats: 5vor12
… wie es mit unserem Ausbildungsformat “5vor12 Klima-Briefing” weitergeht, erfährt ihr bald. Dieses haben wir gemeinsam mit dem Netzwerk Klimajournalismus Deutschland gestartet. Das Klimaforschungsnetzwerk CCCA hat uns dafür wissenschaftlich unterstützt – und nun sind einige peer-reviewte Fact Sheets zu den jeweiligen Themen erschienen: