NOVEMBER im Netzwerk Klimajournalismus
Willkommen zum Newsletter des Netzwerk Klimajournalismus!
Hier kommen die Zusammenfassung unseres letzten Treffens, die wichtigsten Termine für die nächste Zeit und die Tops und Flops der Klimaberichterstattung.
Klimajournalismus-Camp
Diese Woche ging unser erstes Klimajournalismus-Camp in Kooperation mit FJUM zu Ende. An drei Terminen konnten junge Nachwuchstalente an einem eigenen digitalen Format zur Klimakrise arbeiten. Dabei wurden die Teilnehmer:innen von unserem Netzwerk mit Inhalten zur Klimakrise und Berichterstattung versorgt, Digitalexperte Marcus Bösch hat Tipps und Tricks zu Pitches, Formatentwicklung und TikTok preisgegeben. Gelobt und kritisch nachgehakt wurde anschließend von der Jury bestehend aus Solmaz Khorsand (Republik), Stefan Apfl (Hashtag) und Philip Pramer (Der Standard). Wir freuen uns riesig über diese Premiere und die Umsetzung der Projekte!
Seminar-Kooperation mit dem Kuratorium für Journalistenausbildung (KFJ) und klimaaktiv
Am 3. Dezember (Online) findet unser Workshop “Basics des Klimajournalismus” in Kooperation mit dem KFJ und klimaaktiv zum bereits zweiten Mal statt. Weitere Termine gibt es im Februar (Wien) und März (Online) 2022. Im Workshop setzen wir uns mit den grundlegenden Herausforderungen und Strategien für gelungene Klimaberichterstattung auseinander. Er richtet sich an (freie) Journalist:innen, Medienschaffende aller Mediengattungen und Ressorts sowie Journalist:innen in Ausbildung. Wir freuen uns auf zahlreiche Teilnehmer:innen und Bewerbung in euren Redaktionen!
Runde der Chefredaktionen
Wie geht verantwortungsbewusster Klimajournalismus? Darüber sprachen wir in einer Runde der Chefredaktionen mit Petra Stuiber (Der Standard), Matthias Schrom (ORF) und Michael Jungwirth (Kleine Zeitung):
Die Kernpunkte:
Die Leserschaft wolle kein eigenes Klima-Ressort, sondern eine differenzierte Sichtweise und eine Betrachtung von allen Ebenen aus, erklärt Petra Stuiber.
Auch Michael Jungwirth ist gegen ein eigenes Klima-Ressort. Einige würden die Klima-Seiten einfach überblättern. Bei der Kleinen Zeitung habe man deswegen eine Klima-Taskforce gegründet. In jedem Ressort ist nun eine Person für das Klima zuständig. Die Taskforce wird von Günter Pilch geleitet.
Matthias Schrom antwortet auf die Frage, welche Bewertung er sich und dem ORF hinsichtlich der Klimaberichterstattung geben würde, überraschend ehrlich mit 25 von 100 möglichen Punkten (bezogen auf die ZiB). Es gebe im ORF noch zu wenig Wissen über die Klimakrise, gibt Schrom zu. Stuiber attestiert dem Standard gute Absichten und eine okaye Umsetzung, aber es würde meist am Geld scheitern: 60 von 100 möglichen Punkten. Auch beim Standard gebe es eine Art Taskforce, nämlich eine Pop-Up-Recherchegruppe wie beispielsweise zur Weltklimakonferenz. Jungwirth gibt der Kleinen Zeitung 59 Punkte: “Work in Progress”, in den letzten beiden Jahren sei aber viel passiert.
Man müsse auch Personen eine Plattform geben, die Falschinformationen verbreiten, diese aber umgehend aufklären, greift Schrom eine kontroverse Frage auf. Stuiber stimmt zu: Man müsse einordnen anstatt das Wort zu verbieten. Schrom argumentiert mit Donald Trump: Dieser sei Klimawandelleugner, aber eben ehemaliger US-Präsident.
Wie sollen Medien mit Werbung von klimaschädlichen Unternehmen umgehen? Jungwirth: Es gebe eine strenge Trennung zwischen Redaktion und Werbung wie bei den meisten Medien. “Wir können auch in Schönheit sterben”, reagiert Stuiber leicht zornig auf Forderungen z.B. der Initiative #fossilfreieMedien zum Verzicht auf fossile Werbung (ab Minute 36:50 für eine ausführliche Begründung). Auch Schrom ist dagegen und wünscht sich für den ORF eine Haushaltsabgabe statt der GIS-Gebühren. Das Branchenmagazin Horizont hat die Antworten darauf zusammengefasst.
Was bringt die Zukunft? Bei der Kleinen Zeitung sollen verschiedene Klima-Formate angedacht und die Berichterstattung auf allen Plattformen intensiviert werden. Man werde auch einen wissenschaftlichen Beirat aus Klimaexpert:innen zur Beratung einrichten. Beim Standard will man den Diskurs mit den User:innen verstärken und das Ressort ‘Edition Zukunft’ ausbauen. Es soll auch mehr Podcasts und Video-Beiträge geben, zudem will man Menschen mit konträren Ansichten miteinander sprechen lassen. Beim ORF will man den Klimaschutz fassbarer machen, stärker die Landesstudios einbinden und vermehrt lösungsorientiert berichten. Man brauche keine Klimakorrespondentin, sondern könne auch so nach Südamerika oder an den Ort des Geschehens fahren, sagt Jungwirth.
Top/Flop des Monats - Klimaberichterstattung, die aufgefallen ist
Nachrichtenagenturen und Boulevard sind zwei der größten Hebel im Journalismus. Beide rüsten nun ihre Klimaberichterstattung auf: Die APA holt Sandra Walder für die Leitung eines ressortübergreifenden Klima-Teams zurück und bei der dpa gibt es seit kurzem eine eigene Seite für Klimathemen. Auch die neue Klima-Blattlinie der Boulevard-Zeitung Heute nimmt an Fahrt auf, stolpert aber über so manchen Eisbären.
TOP
Die APA (Austrian Presse Agentur) wird klimafit
Das Klima scheint in den Nachrichtenagenturen angekommen zu sein. Während die Agence France-Presse (AFP) schon länger aufgerüstet hat, gibt es bei der Deutschen Presse Agentur (dpa) seit kurzem eine eigene Klima-Seite und entsprechende Tools. “Konstruktive Lösungen und Ansätze vorzustellen, ist uns ein Anliegen”, schreibt Chefredakteur Sven Gösmann.
Die Austria Presse Agentur (APA) richtet mit November ein ressortübergreifendes Klima-Team unter der Leitung der zurückgekehrten Sandra Walder ein. “Neben aktueller Berichterstattung zu Klimapolitik, nachhaltiger Technologie und Verbraucheraspekten ist auch eine Stärkung der Hintergrundberichterstattung, die Entwicklung multimedialer Formate sowie ein Schwerpunkt auf Klimadaten geplant”, ist der Presseaussendung zu entnehmen.
Kopf hoch! - FALTER.natur #35 von Benedikt Narodoslawsky
Sagt der eine Gletscher zum anderen: “Du schuldest mir noch 1.000 Euro!” Antwortet der andere: “Gib mir noch ein paar Tage, dann bin ich flüssig.”
Ein Newsletter voll mit schlechten Wortwitzen, einer Krähe beim Schlittenfahren und einer Giraffe, die sich den Rücken kratzt, ist genau das, was wir in diesen Tagen brauchen. Danke dafür!
FLOP
Klima-Sonderausgabe der Heute
Am 30. Oktober widmete sich die Gratis-Tageszeitung Heute dem Klimaschutz. Die Sonderausgabe ‘Heute For Future’ titelte mit “Alle Förderungen: Hier gibt es Klimageld für Sie” und “12 Klima Tricks für Ihren Alltag.” Klima ganz vorne beim Boulevard. Eigentlich top. Wäre da nicht der Eisbär an Cover. Ja, Tiere sind süß und ziehen bei Leser:innen. Aber der Eisbar als Symbol für die Klimakrise ist dennoch ein falsches und verzerrtes Narrativ. Warum, erklären Twitter-Nutzerin Maria und das Projekt Climate Visual:
Und sonst so? - Aktuelle Fakten, Events und Initiativen
Das Netzwerk Klimajournalismus gibt es nun auch auf Instagram. Folgt uns gerne oder markiert uns in euren Stories.
Katharina Kropshofer blickt im Falter auf ein Jahr Netzwerk Klimajournalismus zurück und schreibt, warum wir besseren Klimajournalismus brauchen.
Die Scientists for Future Österreich haben einen Expert:innen-Rat zur wissenschaftlichen Qualitätssicherung gegründet und machen neuerdings auch Hausbesuche.
Im Long-Read von Carbon Brief (2h Lesezeit) erfährt ihr alles, was es über die 26. Weltklimakonferenz zu wissen gibt.
Was der neue Koalitionsvertrag zur Klimapolitik Deutschlands sagt, hat Christopher Schrader für Riffreporter zusammengefasst.
Kann man den Nachhaltigkeitsversprechen von Herstellern und Recyclern eigentlich trauen? Journalist:innen einiger deutscher Medienhäuser haben sich gemeinsam auf die Sneaker-Jagd begeben und mit elf Paar alten Sneaker von Prominenten ein Bilderbuch-Beispiel für Greenwashing aufgezeigt.
Nach einer NYT-Investigation hat ein brasilianisches Gericht ein Gesetz gekippt, dass das Jaci-Paraná-Reservat im Amazonasgebiet praktisch ausgelöscht hätte. Ein lesenswerter Bericht über Entwaldung, Kuhhandel und Ledersitze, auf den uns Newsletter-Abonnent Adrian aufmerksam gemacht hat - vor allem, weil er auch zeigt, was Journalismus bewirken kann.
Das Klimadashboard hat die Übereinkommen auf der Weltklimakonferenz grafisch dargestellt. Die Daten sind frei zugänglich und die Grafiken zum Einbetten geeignet. Weitere Grafiken folgen.
Ute Scheub, Autorin und Mitgründerin des Netzwerk Klimajournalismus Deutschland, referiert am 2. Dezember (18.30 Uhr) über das „gigantische“ Potenzial von Böden als Kohlenstoff-Senken im Zusammenspiel mit den Methoden der regenerativen Landwirtschaft.
Unser nächstes Treffen
Am 9. Dezember um 18 Uhr laden wir zu einem Online-Stammtisch via Zoom mit Christian Cummins (Radio FM4). Bei FM4 gibt es seit kurzem die #Klimanews - idealer Anlass also, um über Klimaberichterstattung im Radio zu sprechen. Wir freuen uns auf euch!
Bis bald
Euer Netzwerk